Legal Tech ist im weitesten Sinne Informationstechnik, die im juristischen Bereich zum Einsatz kommt.

Mittels Maschinen und Software wird versucht, die grundlegende Digitalisierung im Anwaltsbereich sowie die Automatisierung von Arbeitsabläufen von Rechtsdienstleistungen voranzutreiben. Dies geht einher mit der allgemeinen, rasanten Entwicklung der Informationstechnologie.

„Legal Tech verändert jede Kanzlei. Die Frage ist, wie sehr Ihre Kanzlei davon betroffen ist.“

Für einen kundenorientierten Ansatz, eine Kanzlei zu führen, bedeutet Legal Tech:

  1. sich dieser Technologie anzunehmen, um dem Mandanten eine positive Erfahrung in der Kundenbeziehung zukommen zu lassen;
  2. Prozesse digital zu standardisieren, um durch Steigerung der Effizienz dem Mandaten konkurrenzfähige Preise bieten zu können, bei gleichzeitiger Erhaltung der wirtschaftlichen Rentabilität;
  3. neue Dienstleistungen und Produkte zu entwickeln, die der Kunde einfach abrufen kann und dem Kunden helfen;

Um Legal Tech etwas genauer zu verstehen, hilft es, sich die Kategorisierungen in diesem Bereich anzusehen. Auch die Auswirkungen lassen sich dadurch besser abschätzen.

In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Kategorisierung von Legal Tech.

Kategorisierungen von Legal Tech nach

  • Wirkungsphasen
  • technischen Lösungsebenen
  • Themenfeldern
  • den Auswirkungen auf den Kern der juristischen Tätigkeit

Quelle: Wagner, 2018, Legal Tech und Legal Robots

Wirkungsphasen

  • Legal Tech 1.0 zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Juristen im herkömmlichen Tun unterstützen.
  • Legal Tech 2.0 ersetzt einzelne Juristen innerhalb eines bestehenden Systems und ist bereits disruptiv.
  • Legal Tech 3.0 ersetzt in letzter Ausführung den Menschen als zentrales Element zur Erbringung der Rechtsdienstleistung.

Quelle: Oliver R. Goodenough Professor of Law, the Director of the Center for Legal Innovation, Vermont Law School, 2015, Legal Technology 3.0.

Technische Lösungsebenen

  • Ebene 1: Generelle Unterstützung der Digitalisierung (z.B. Security, Cloud, Kommunikation / Konnektivität)
  • Ebene 2: Unterstützung von Prozessen zur Steigerung der Effizienz (z.B. Fall Management, Dokument Management)
  • Ebene 3: Unterstützung und Ersetzung von Juristen in den Kernbereichen der juristischen Tätigkeiten (z.B. Bewertung von Rechtssachen, Sammlung und Analyse von juristischen Falldaten)

Quelle: The Boston Consulting Group, Bucerius Law School, 2016, How Legal Technology Will Change the Business of Law

Themenfelder

  • Industrielle Rechtsdienstleistungen
  • Künstliche Intelligenz
  • Blockchain

Quelle: Stephan Breidenbach, Professor an der Europa-Universität Viadrina, 2018, Rechtshandbuch Legal Tech

Nach den Auswirkungen auf den Kern der juristischen Tätigkeit

  • Kategorie 1: Produkte, die außerhalb der juristischen Kerntätigkeit liegen
  • Kategorie 2: Produkte, die der Effizienzsteigerungen dienen
  • Kategorie 3: Produkte, die den Arbeitsablauf verändern, indem Arbeitsschritte wegfallen oder hinzukommen
  • Kategorie 4: Produkte, die die juristische Tätigkeit in Ihrer Gesamtstruktur verändern oder den einzelnen Juristen ersetzen

Quelle: Wagner, 2018, Legal Tech und Legal Robots

Aus der Kategorisierung erkennt man, das Legal Tech darauf abzielt, juristische Arbeit durch Maschinen oder Software zu ersetzen. Man darf aber nicht daraus schließen, dass der Anwaltsberuf gefährdet sei, nein, vielmehr bedeutet dies für den Anwaltsberuf  eine Erweiterung der Kompetenzen in Richtung IT, um das System und die Logiken von Legal Tech verstehen und nutzen zu können.

Was sollten Sie als kleine Kanzlei tun, um für das Legal Tech Zeitalter bereit zu sein?

  1. Überlegen Sie, wie Sie mit dem Mandanten kommunizieren. Fragen Sie Ihre Mandanten, welche Tools (E-Mails, Videokonferenzen, WhatsApp, Klienten-Portale, SMS, etc.) sie bevorzugen und versuchen Sie, diese in Ihre Abläufe zu integrieren.  Viele Hersteller solcher Programme bieten auch Schnittstellen zu Drittsoftware an. Damit lassen sich Daten und Informationen an zentraler Stelle sammeln, ohne das zusätzlicher Aufwand entsteht. Nutzen Sie diese Schnittstellen.
  2. Überlegen Sie, welche Prozesse sie derzeit noch in Papierform haben und versuchen Sie, diese zu digitalisieren. Dies fängt beim morgentlichem Abarbeiten des Posteingangs an, bis hin zur Fristen- und Terminverwaltung. Bedenken Sie dabei, dass der anfängliche Aufwand etwas größer sein kann, die Einsparungen aber während der Bearbeitung des Tagesgeschäfts schnell den anfänglichen Mehraufwand übersteigen werden.
  3. Überlegen Sie, welche Dienstleistungen Sie als Produkte Ihren Kunden anbieten können und spezialisieren Sie sich. Versuchen Sie, diese Produkte zu automatisieren. Ziel sollte es sein, dass die Grenzkosten für ein solches Produkt gegen Null divergieren. Das heißt, die variable Kosten (die direkten Kosten für die Produktion des Produktes) sind zu vernachlässigen. Bei automatisierten Produkten sind die Fixkosten der wesentliche Kostenanteil. Es wird anfangs zeitintensiv sein, solche Produkte auszuarbeiten und zu automatisieren. Der Vorteil liegt aber dabei auf der Hand. Ob sie eine oder hunderte Einheiten eines solchen Produktes verkaufen, die Kosten bleiben nahezu ident. Denken Sie z.B. an formularbasierende Produkte wie Mietverträge oder Testamente. Mithilfe von Vertragsassistenten und fixen Preisen können Sie dies Ihren Kunden anbieten und verkaufen. Wenn Sie das soweit automatisieren, dass kein manueller Aufwand notwendig ist, können Sie ein Produkt hundertfach verkaufen, ohne Zeit für die Erzeugung des Produktes investieren zu müssen. Sie können auch schrittweise vorgehen, indem Sie die Automatisierung Stufe für Stufe weiter entwickeln. So nehmen Sie etwas Komplexität in der Umsetzung raus.
  4. Halten Sie sich am Laufenden, was die Entwicklung von Legal Tech anbelangt. Informieren Sie sich ein bis zweimal jährlich über neue Produkte am Markt. Eine gute und gepflegte Übersicht bietet die Stanford Universität an: https://techindex.law.stanford.edu/. Auch wenn der Großteil der Firmen nicht am deutschsprachigem Raum präsent ist, erhalten Sie dennoch einen guten Überblick, was alles möglich ist und wohin die Reise geht.

Die Auswirkungen auf die tägliche juristische Arbeit durch Legal Tech nimmt Fahrt auf. Gehören Sie nicht zu den Kanzleien, die davon betroffen sind und eines Tages überrascht sind, dass sich der Markt geändert hat und Sie außen vor stehen. Fangen Sie mit kleinen Schritten an, kontinuierlich daran zu arbeiten. Legal Tech ist kein Selbstzweck. Denken Sie immer an den kundenorientierten Ansatz zur Führung einer Kanzlei. Der Mandant steht im Mittelpunkt.